Tabuthema Genitalverletzungen: Männer sprechen endlich über ihre Ängste!

TU Berlin, 10623 Berlin, Deutschland - Myriam Raboldt hat kürzlich ihr Buch „Schweigen, Scham und Männlichkeit“ veröffentlicht, das sich fundamental mit der Erfahrung von cis Männern beschäftigt, die Genitalverletzungen und -amputationen erlitten haben. In ihrem Werk untersucht sie die psychosozialen Auswirkungen dieser Verletzungen auf das Selbstwertgefühl der Betroffenen, was in der Fachwelt kaum Beachtung findet. Viele dieser Männer verbringen ihr Leben in Stille, geprägt von Scham und dem gesellschaftlichen Druck, potent zu sein. Hermann, ein Mann in seinen späten 50ern, ist ein Beispiel dafür; er musste sich aufgrund einer schweren Erkrankung einer Penisamputation unterziehen und lebt seither zurückgezogen und ohne über seine Erfahrungen zu sprechen. Ein anderer Betroffener, Marten, identifiziert sich als „impotent“ und hat ebenfalls nie offen über seine Situation gesprochen.
Alberto, der wegen Peniskrebs eine Amputation vornehmen lassen musste, schildert, dass er keine Plattform findet, um sich mit anderen Betroffenen auszutauschen. Raboldt stellt in ihrer Dissertation fest, dass es an Anlaufstellen für das Thema cismännlicher Genitalverletzungen mangelt und der Verlust von Genitalien häufig ein Tabuthema bleibt. Dies führt nicht nur zu einem Mangel an Forschung, sondern auch zu einer Isolation der Betroffenen, die häufig unter Depressionen und Suizidgedanken leiden. Raboldt weist darauf hin, dass trotz umfangreicher Recherchen nur wenige Männer bereit waren, über ihre Erfahrungen zu sprechen. Sie beschreibt auch die existentielle Angst, die viele von ihnen empfinden, und die Fragilität von Männlichkeit, die in der Gesellschaft oft als geheim gehaltenes Thema betrachtet wird.
Gesellschaftliche Normen und deren Folgen
Die gesellschaftliche Norm für cis Männer, potent zu sein, führt zu erheblichen Selbstzweifeln und einem Schweigen über betroffene Verletzungen. In diesem Zusammenhang berichtet Raboldt auch von einem „Nicht-Wiederbelebungs-Pakt“, der unter US-Soldaten im Falle von Genitalverletzungen besteht. Diese Unglücklichkeiten verdeutlichen die Notwendigkeit, das Thema offener zu diskutieren und die Sichtbarkeit von penislosen und potenzlosen cis Männern im Diskurs zu erhöhen. Raboldt kritisiert die fehlende Diskussion und Sichtbarkeit und beschreibt ihr Buch als subversives Projekt, das die Perspektive auf Männlichkeit abseits von traditionellen Heldendarstellungen und aus der Sicht der Betroffenen selbst fokussiert.
Ein nicht minder wichtiges Thema ergeben sich aus den psychosozialen Auswirkungen von Gewalt und Flucht auf die mentale Gesundheit von betroffenen Individuen. Laut BAFF leben weltweit Millionen von Menschen in Regionen, die von Gewalt, politischen Konflikten und Katastrophen geprägt sind. Die Flucht aus solchen Regionen führt oft zu tief greifenden Traumata, die aus wiederholten und langanhaltenden Gewalterfahrungen resultieren. Dies wird als Typ-II-Trauma klassifiziert, das insbesondere Kinder und Jugendliche betrifft, die schon früh Gewalterfahrungen machen müssen und deren psychische Gesundheit dadurch massiv beeinträchtigt wird.
Die Studien zeigen, dass eine signifikante Anzahl von Geflüchteten an Traumafolgestörungen leidet, wobei die Dunkelziffer vermutlich noch höher ist. Psychische Erkrankungen wie PTBS, Depressionen und Angststörungen sind häufige Begleiterscheinungen. Die Schwere der Erfahrungen und die anschließende Nachbearbeitungszeit spielen eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung solcher Störungen. Viele Trauma-Überlebende zeigen Symptome wie Flashbacks, emotionale Taubheit sowie Schlafstörungen, die ihre Lebensqualität stark einschränken.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sowohl die Thematisierung von Genitalverletzungen bei cis Männern als auch die psychologischen Auswirkungen von Flucht ein dringendes Anliegen sind, das mehr Aufmerksamkeit in der gesellschaftlichen Debatte erfordert. Während Raboldt auf die Stille und Scham innerhalb der Männergemeinschaft hinweist, zeigt die Begleitung von Geflüchteten die weitreichenden und oft langfristigen Folgen von Gewalt und Trauma auf.
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Ort | TU Berlin, 10623 Berlin, Deutschland |
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