Schulpflicht für geflüchtete Kinder: Chancen und Herausforderungen in Deutschland

Freie Universität Berlin, 14195 Berlin, Deutschland - Der Zugang zu Bildung wird für geflüchtete Kinder in Deutschland als entscheidend für deren Integration betrachtet. In einer neuen Studie von Prof. Dr. Céline Teney von der Freien Universität Berlin wird die Situation ukrainischer Eltern in Berlin und Warschau beleuchtet. Die Untersuchung zeigt, dass der Schulbesuch in Deutschland als Goldstandard für die Integration gilt. Die Befragung, die kurz nach der russischen Invasion 2022 begann, umfasst mittlerweile 82 Eltern und thematisiert deren Entscheidungen bezüglich der Bildung ihrer Kinder in den Jahren 2022 bis 2024. Diese Studienergebnisse werden im Fachmagazin “Population, Place & Space“ veröffentlicht, und stellen fest, dass Eltern zunehmend auf Bildung im Zielland setzen, da sie sich weniger für eine doppelte Beschulung entscheiden. Laut FU Berlin scheinen die Sorgen über Sprachbarrieren und Lernerfolge zugenommen zu haben, wobei viele Eltern eine ernsthafte Integration ihrer Kinder in die deutsche Bildungslandschaft wünschen.

Die Studie hebt ein Phänomen hervor, dass durch die Digitalisierung geflüchtete Menschen in die Lage versetzt, ihr Leben, zumindest in Teilen, abseits nationalstaatlicher Grenzen zu führen. Dabei äußern Eltern jedoch Bedenken bezüglich des schulischen Erfolgs ihrer Kinder. Insbesondere die 17-jährige Schülerin aus Mariupol macht sich Sorgen über ihre Noten und ihre Zukunftschancen. Zusätzlich gibt es eine zunehmende Skepsis gegenüber den Willkommensklassen, die auf Regelklassen vorbereiten, da viele Familien planen, in der Zukunft in die Ukraine zurückzukehren.

Herausforderungen im deutschen Schulsystem

Die Inklusion geflüchteter Kinder im deutschen Schulsystem wird durch zahlreiche Herausforderungen erschwert. Wie die Bundeszentrale für politische Bildung anmerkt, ist der Zugang zum Bildungssystem für geflüchtete Kinder oftmals an den Status als Asylsuchende gebunden. Zudem können in einigen Bundesländern Wartezeiten von bis zu sechs Monaten bestehen, bevor geflüchtete Kinder überhaupt zur Schule gehen dürfen. Diese Probleme widersprechen dem Inklusionsanspruch, der allen Kindern ein Recht auf Bildung in Regelklassen zuspricht. Die Trennung in Regel- und Vorbereitungsklassen führt nicht nur zu Diskriminierung, sondern auch zu einem schleppenden Schulstart für viele Kinder.

Ein weiterer kritischer Punkt ist die oft defizitorientierte Betrachtung geflüchteter Schüler*innen. Viele Lehrkräfte fokussieren auf angenommene Traumatisierungen, was die Wahrnehmung als kompetente Akteure einschränkt. Der Lehrermangel in Deutschland verschärft die Situation und beeinträchtigt die Chancengleichheit, wie der Bildungsforscher Andreas Schleicher von der OECD erklärt. In Bezug auf den Lehrberuf spricht er von dessen intellektuell unattraktiver Natur und fordert mehr Freiheiten für Schulen. Der Mangel an Beziehungsarbeit zwischen Eltern, Lehrern und Schülern wird ebenfalls als problematisch eingestuft, was die Bildungslandschaft in Deutschland erheblich beeinflusst.

Bildung als Schlüssel zur Integration

Die Mehrheit der ukrainischen Eltern strebt eine Integration ihrer Kinder in das deutsche Bildungssystem an. Mit der Hoffnung, dass Bildung nach eigenen Regeln und innerhalb transnationaler Chancenstrukturen Brüche in Biografien abmildern können, kommt der Bildungsforschung eine wichtige Rolle zu. Die Ergebnisse der Gespräche mit den Eltern zeigen, dass trotz der Herausforderungen eine positive Einstellung zur Bildung besteht. Es bleibt jedoch zu hoffen, dass die deutsche Bildungspolitik die nötigen Anpassungen vornimmt, um für gerechtere und inklusivere Bedingungen zu sorgen. Ansonsten könnte die zunehmende Diskrepanz zwischen den Ansprüchen der Inklusion und der Realität im deutschen Schulsystem sowohl aktuelle als auch künftige Generationen geflüchteter Kinder in ihren Bildungschancen benachteiligen.

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Ort Freie Universität Berlin, 14195 Berlin, Deutschland
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