Die geheime Rolle der Tubuline: So beeinflusst Genetik unsere Händigkeit!

Hamburg, Deutschland - Der Zusammenhang zwischen Genetik und Händigkeit, einer der am meisten erforschten Aspekte funktionaler hemisphärischer Asymmetrien im menschlichen Gehirn, wird zunehmend durch neue Forschungsergebnisse aufgedeckt. Ein kürzlich veröffentlichter Übersichtsartikel von Prof. Dr. Sebastian Ocklenburg (ICAN), Dr. Annakarina Mundorf und Prof. Dr. Jutta Peterburs (beide ISM) gibt wichtige Einblicke in die Rolle von Tubulinen bei der Entwicklung dieser Asymmetrien. Der Artikel, betitelt „Genetics of human handedness: microtubules and beyond“, ist in der renommierten Fachzeitschrift Trends in Genetics erschienen und beschäftigt sich eingehend mit der genetischen Grundlage der Händigkeit und deren Einfluss auf psychiatrische Störungen. Die Forscher betonen, dass etwa ein Viertel der Händigkeit durch genetische Faktoren bestimmt werden kann, wobei spezifische Proteingruppen, die für die Entwicklung relevant sind, weitgehend unerforscht bleiben. Aktuelle Erkenntnisse deuten jedoch darauf hin, dass Tubuline eine entscheidende Rolle spielen.
Tubulin, ein grundlegendes Protein für die Zellstruktur, ist nicht nur für zahlreiche Prozesse während der Gehirnentwicklung verantwortlich, sondern auch mit verschiedenen psychiatrischen Störungen assoziiert. Der Artikel könnte entscheidende biologische Mechanismen aufzeigen, die die Verbindung zwischen Händigkeit, Hirnasymmetrien und psychiatrischen Merkmalen erklären. Tubulin-Gene könnten somit einen zentralen Punkt in der Erforschung der menschlichen Händigkeitsentwicklung darstellen und sind möglicherweise entscheidend für unser Verständnis von Asymmetrien im Gehirn.
Einfluss von Umweltfaktoren
Zusätzlich zu genetischen Einflüssen wirken Umweltfaktoren ebenfalls erheblich auf die Händigkeitsentwicklung. Schätzungen zufolge machen genetische Veranlagungen ca. 25% der Händigkeitsausrichtung aus. Beiträge aus pränatalen, perinatalen und postnatalen Einflüssen sind entscheidend und sollten in der Forschung berücksichtigt werden. Beispielsweise könnte eine frühere Asymmetrie in der Gleichgewichtsentwicklung eng mit der zerebralen Lateralisierung und schließlich der Händigkeit verknüpft sein.
Besonders die psychische Gesundheit der Mutter während der Schwangerschaft hat Auswirkungen auf die Entwicklung der Händigkeit. Studien deuten darauf hin, dass Kinder von Müttern, die während der Schwangerschaft unter depressiven Symptomen oder kritischen Lebensereignissen leiden, einer höheren Wahrscheinlichkeit ausgesetzt sind, „Nicht-Rechtshänder“ zu werden. Außerdem gibt es Hinweise, dass Frühgeburten die Wahrscheinlichkeit erhöhen, eine atypische Händigkeit zu entwickeln, da sie die Gehirnentwicklung und motorischen Fähigkeiten beeinträchtigen können.
Postnatale Aspekte und Handhabung
Postnatale Faktoren spielen ebenfalls eine tragende Rolle bei der Händigkeitsentwicklung. Es gibt einen Zusammenhang zwischen der Dauer des Stillens und der späteren Händigkeit; längeres Stillen scheint die Wahrscheinlichkeit für eine Rechtshändigkeit zu erhöhen. Auch die Art und Weise, wie ein Kind gehalten und gewogen wird, kann Einfluss auf die Händigkeitsentwicklung nehmen, ebenso asymmetrische auditive und visuelle Stimulationen.
Es ist wichtig zu beachten, dass pathologische Händigkeit in allen drei Phasen — pränatal, perinatal und postnatal — entstehen kann. Schädigungen im Gehirn, die zu funktionalen Beeinträchtigungen in der kontralateralen Körperhälfte führen, sind ein Beispiel dafür, wie motorische Umbildungen der Händigkeit auftreten können. In diesen Fällen nutzen Betroffene oft nicht die bevorzugte Hand für alltägliche Tätigkeiten, was häufig bei „pathologischen Linkshändern“ zu beobachten ist.
Die aktuelle Forschung zur Rolle von Tubulinen, ergänzt durch Erkenntnisse über genetische und umweltbedingte Einflussfaktoren, eröffnet neue Perspektiven für das Verständnis der komplexen Mechanismen, die der Händigkeit zugrunde liegen. Weitere Studien sind notwendig, um diese Zusammenhänge umfassend zu klären und zu verstehen, wie sowohl genetische als auch umweltbedingte Faktoren in die Entwicklung unserer Händigkeitspräferenzen eingreifen.
Der Artikel von Prof. Dr. Sebastian Ocklenburg et al. steht auf der Webseite der Medical School Hamburg zur Verfügung und bietet umfassende Informationen sowohl zu den genetischen als auch zu den umweltbedingten Faktoren der Händigkeit. Für vertiefte Einblicke in die umweltlichen Einflussfaktoren auf die Händigkeit kann die Clipdocs-Seite konsultiert werden. Aktuelle Studien über genetische Aspekte wurden zudem in der Journal Nature veröffentlicht, die sich mit der genetischen Variabilität und deren Auswirkungen auf die Händigkeit auseinandersetzen.
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Ort | Hamburg, Deutschland |
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