Sebastian T. nach Freilassung: Hoffnung auf Gerechtigkeit im Fall Hanna

Sebastian T. nach Freilassung: Hoffnung auf Gerechtigkeit im Fall Hanna
Die Geschichte von Sebastian T. und dem Mordfall an der Studentin Hanna Wörndl wird in Aschau weiterhin von Fragen und Unsicherheiten begleitet. Am 20. Juni 2025 wurde der 23-Jährige aus der Justizvollzugsanstalt Traunstein entlassen, nachdem der Bundesgerichtshof sein Urteil aufgehoben hatte. Sebastian sitzt nun nach einem Jahr Haft in Freiheit und hofft, dass sich die Dinge zum Besseren wenden. „Ich hoffe, alles klärt sich für beide Familien“, sagt er, während er die Zeit mit seiner Familie genießt und die Freiheit neu entdeckt.
Sebastian wurde 2024 wegen Mordes verurteilt, da er im Oktober 2022, nach einer Party, beschuldigt wurde, Hanna getötet zu haben. Der Fall wird nun im September 2025 erneut verhandelt, da sich der dringende Tatverdacht, so die 1. Jugendkammer des Landgerichts Traunstein, nicht mehr aufrecht erhalten lässt. Ein entscheidender Faktor in dieser Neubewertung war ein aussagepsychologisches Gutachten des Psychologen Max Steller.
Ein verzwickter Fall
Steller untersuchte die Aussage des Zeugen Adrian M., der in der Haft behauptete, Sebastian habe ihm gestanden, Hanna ermordet zu haben. Laut dem Gutachten war jedoch nicht feststellbar, ob M. das Geständnis tatsächlich gehört hatte. Zudem kam heraus, dass er eine Neigung zum Lügen hat und ein Motiv zur Falschaussage besaß. Diese Erkenntnisse haben das Vertrauen in M.s Glaubwürdigkeit stark erschüttert. Sebastian T.s Verteidiger, Yves Georg, hebt hervor, dass das Gutachten die Unglaubhaftigkeit von M.s Aussage bestätigt.
Es gab in der Nacht des 3. Oktober 2022 mehrere Zeugen, die Sebastian beim Joggen vor dem Club „Eiskeller“ sahen. Um zu Hanna zu gelangen, hätte Sebastian eine Extrarunde laufen müssen, was nicht nachgewiesen werden konnte. Das Gericht wird sich nun erneut mit der Beurteilung der Beweiswürdigung auseinandersetzen, bei dem das erste Urteil stark auf M.s Aussagen basierte. Dieser Fall zeigt einmal mehr, wie komplex das Zusammenspiel von Aussagepsychologie und Justiz ist und wie wichtig die Glaubhaftigkeit von Zeugen in einem Prozess sein kann. Laut gutachten-familiengericht.de wird bei der Glaubhaftigkeit eine Bewertung der Person herangezogen, die die Aussage macht, während die Glaubhaftigkeit selbst auf den Inhalt der Aussage fokussiert.
Leben nach der Haft
Nach seiner Freilassung hat Sebastian T. ein zurückgezogenes Leben in Aschau aufgenommen, wo auch die Familie von Hanna wohnt. Er verbringt seine Zeit mit seinen Liebsten, spielt Tischtennis, erkundet die Natur und genießt das Essen, das in der Haft unerreichbar war. „Ich vermisse die Freiheit und die alltäglichen kleinen Dinge“, sagt er und blickt zurück auf die 945 Nächte, die er hinter Gittern verbrachte. Diese Zeit war für ihn geprägt von Isolation, in der er dreimal seinen Geburtstag und dreimal Weihnachten im Gefängnis feierte.
Die anhaltende Angst vor dem neuen Prozess und die Ungewissheit über die Reaktionen von Hannas Familie belasten ihn. Bisher hatte er keinerlei Begegnungen mit ihnen oder Freunden von Hanna, die in dem ersten Prozess gegen ihn aussagten. “Ich hoffe, ich kann irgendwann mit ihnen sprechen und ihnen meine Sicht der Dinge darlegen”, äußert Sebastian seine Wünsche für die Zukunft.
Die kommenden Wochen versprechen eine spannende, aber auch nervenaufreibende Zeit für alle Beteiligten. Die Wiederaufnahme des Verfahrens wird nicht nur für Sebastian T. von großer Bedeutung sein, sondern auch für die Hinterbliebenen von Hanna, die auf Antworten und Gerechtigkeit warten.