Weniger Kinder im Rhein-Kreis Neuss: Sorge um Zukunft und Familienplanung

Weniger Kinder im Rhein-Kreis Neuss: Sorge um Zukunft und Familienplanung
Die Geburtenzahlen in Nordrhein-Westfalen sinken in besorgniserregendem Tempo. Im Rhein-Kreis Neuss wurden 2024 nur 3.584 Geburten verzeichnet, ein leichter Rückgang gegenüber den 3.619 Geburten im Vorjahr. Dies ist bereits der dritte Rückgang in Folge, der die ohnehin niedrige Geburtenrate weiter drückt. Katrin Zander, die Leiterin der Schwangerschaftsberatungsstelle „Esperanza“ in Dormagen, beobachtet in ihrer Einrichtung einen Anstieg der Beratungszahlen, während die Geburtenzahlen gleichzeitig fallen. Laut ihrem Bericht nimmt die Nachfrage nach Beratungen zu Schwangerschaft und Kindererziehung bis zum dritten Lebensjahr zu, was auf eine komplexe Gemengenlage hinweist.
Die Gründe für diesen Trend sind vielfältig. Zander erwähnt häufige Faktoren wie wirtschaftliche und finanzielle Unsicherheit, die Paare dazu bewegen, ihren Kinderwunsch aufzuschieben oder ganz aufzugeben. In einer Zeit, in der die Lebenshaltungskosten steigen, die Wohnpreise in vielen Städten rasant anziehen und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie herausfordernd bleibt, sehen viele Frauen die Aussicht auf eine Schwangerschaft als Risiko für ihre berufliche Entwicklung. Es ist ein Teufelskreis: Angst vor finanzieller Instabilität, gegenwärtige Unsicherheiten und die Unterrepräsentation von Müttern in Führungspositionen tragen zur Abnahme der Geburtenrate bei.
Gesellschaftliche Einflüsse und individuelle Entscheidungen
Die individuelle Lebensgestaltung hat sich in den letzten Jahrzehnten stark gewandelt. Während viele junge Erwachsene häufig den Wunsch nach zwei Kindern äußern, sind die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und Normen nicht immer förderlich. Verfügbarkeit und Zugang zu Verhütungsmitteln stehen im Mittelpunkt, während gleichzeitig der Einfluss von sozialen Netzwerken und Medien eine starke Rolle bei der Entscheidungsfindung spielt. Diese Veränderungen führen dazu, dass Schwangerschaft und Elternschaft immer mehr als Optionen angesehen werden, die nicht nur wirtschaftliche, sondern auch emotionale und soziale Einschnitte bedeuten.
Vom pränatalen Screening über die Individualisierung von Lebensentwürfen – viele Paare entscheiden sich nicht selten schweren Herzens gegen Kinder, häufig auch aus Angst vor den Herausforderungen, die einem behinderten Kind begegnen können. Solche Entscheidungen sind von einer Vielzahl an Faktoren geprägt, die sich über die Jahre entwickelt haben, wie eine Analyse von 20 Minuten zeigt.
Die demografische Entwicklung und ihre Folgen
Die weltweite Senkung der Geburtenraten ist nicht nur ein lokales Phänomen, sondern betrifft viele Länder und führt zu einem umfassenden demografischen Wandel. In Deutschland liegt die Geburtenrate seit 1975 bei 1,3 bis 1,4 Kindern pro Frau und stagniert. Ein Blick auf andere Länder zeigt, dass der höhere Bildungsgrad von Frauen und wirtschaftliche Unsicherheiten als Hauptgründe für die sinkende Geburtenrate identifiziert werden können. In der Schweiz lag die Geburtenrate 2024 bei 1,29, was die Problematik weiter verdeutlicht. Eine nachhaltige Lösung könnte nur mit umfassender Familienpolitik und besseren Rahmenbedingungen für junge Paare erzielt werden.
Ein besorgniserregendes Bild ergibt sich: Weniger Geburten führen langfristig zu einer Belastung der Rentensysteme, da die Zahl der Erwerbstätigen sinkt. Dies hat wiederum Auswirkungen auf die Innovationsfähigkeit von Unternehmen und den geopolitischen Einfluss eines Landes. Maßnahmen zur Steigerung der Geburtenrate, wie sie bpb und andere diskutieren, sind unerlässlich, um die negativen Trendwenden zu durchbrechen.
Die Gesellschaft steht vor der Herausforderung, das Familienleben wieder bodenständiger und attraktiver zu gestalten. Hier ist eine breite Diskussion notwendig, um die verschiedenen Perspektiven von Müttern und Vätern zu verstehen und gemeinsam Lösungen zur Förderung von Familientauglichkeit zu finden.