Automatenrestaurants: Berlins Genussrevolution um 1900 enthüllt!
Berlin, Deutschland - Alwin Cubasch wurde heute mit dem Conrad-Matschoß-Preis des VDI ausgezeichnet, und zwar für seine umfassende Studie über Automatenrestaurants in Berlin um 1900. Diese gastronomischen Einrichtungen, die 1896 ihr erstes Restaurant in Berlin eröffneten, bildeten ein zentrales Element der urbanen Esskultur in einer Stadt, die damals zum Symbol für moderne Urbanität und schnelles Wachstum wurde. TU Berlin berichtet, dass Cubasch in seinem Buch „Zu Gast im Automaten. Gastrotechnik im Berlin der Jahrhundertwende“ die Anfänge und die Faszination dieser Automatenrestaurants detailliert beschreibt. Sein Werk beruht auf seiner Masterarbeit, die er 2017 an der TU Berlin verfasste.
Im Zuge der massiven Urbanisierung in Berlin, die von Millionen Zuzügen und der Entwicklung neuer Infrastrukturen geprägt war, entstand eine neue Esskultur. Automatenrestaurants wurden nicht nur als Schnellverpflegung betrachtet, sondern auch als Schauplatz moderner Technik, ausgestattet mit elektrischer Beleuchtung und Tischtelefonen. Zugleich waren belegte Brötchen, das beliebteste Gericht dieser Lokale, geradezu ideal für die lebendige, urbane Lebensweise. Doch trotz des innovativen Konzepts war der Betrieb dieser Automaten mühsam, da die Wartung und Befüllung aufwendig war und die Gewinne oft gering ausfielen. Der Rückzug der Automatenrestaurants begann bereits 1905, und viele von ihnen verschwanden nach dem Ersten Weltkrieg.
Die sozialen Herausforderungen der Urbanisierung
Die Geschichte der Automatenrestaurants muss im Kontext der sozialen Realität Berlins zur Zeit der Industrialisierung betrachtet werden. Ende des 19. Jahrhunderts verlief die Urbanisierung rasant, was zu einem dramatischen Anstieg der Stadtbevölkerung führte. Zugleich wurden viele Menschen aus ländlichen Gebieten in die Städte gezogen, motiviert durch agrarische Reformen und die Suche nach besseren Lebensbedingungen. Ein Beispiel aus dieser Zeit beschreibt die Lebensumstände einer fünfköpfigen Arbeiterfamilie in einem Mietshaus im Stadtteil Wedding, deren Einkommen kaum für das Überleben reichte. Planet Wissen zeigt auf, wie drohende Verelendung, der Drang zu emigrieren und die Hoffnung auf ein besseres Leben die Menschen in die Stadt drängte.
In einer typischen Berliner Arbeiterwohnung lebte diese Familie in einem einzigen Raum, der als Küche diente und in dem sie auch schliefen. Die Mutter war verletzt und konnte nicht arbeiten, während die älteste Tochter die Hausarbeit übernahm. Der Vater, der als Flaschenspüler in einer Brauerei arbeitete, hatte zwar einen relativ sicheren Job im Winter, aber sein Einkommen war schlecht. Diese Umstände spiegeln die schwierigen Lebensrealitäten der Arbeiterklasse wider, die zur Blütezeit der Automatenrestaurants herrschten.
Auszeichnung und Zukunft
Cubasch erhielt nicht nur den Preis, der das Interesse an Technikgeschichte fördert, sondern auch die Möglichkeit, seine Erkenntnisse über diese spannenden Gastronomieeinrichtungen weiter zu verbreiten. „Zu Gast im Automaten – Gastrotechnik im Berlin der Jahrhundertwende“, dessen Veröffentlichung 2023 bei Waxmann erfolgte, ist seit kurzem auch im Open Access verfügbar. Das Buch umfasst 224 Seiten und kostet 29,90 €. Der Conrad-Matschoß-Preis, mit einem Gesamtpreisgeld von 4.000 Euro, zeichnet populär- und fachwissenschaftliche Arbeiten aus, die Technikanalyse und Geschichte anschaulich verbinden.
Alwin Cubasch, der von 2014 bis 2017 an der TU Berlin studierte und derzeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Humboldt-Universität zu Berlin tätig ist, promoviert nun an der Universität Innsbruck über das Thema „Space Food – Ernährungswissen in technisierten Umwelten der späten Hochmoderne“. Sein Einsatz für die Erforschung der Gastronomiegeschichte unterstreicht die Relevanz solcher Themen in der heutigen Zeit.
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Ort | Berlin, Deutschland |
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