Enthüllungen zum Missbrauch im Bistum Speyer: Strukturen im Fokus!

Die Universität Mannheim veröffentlicht am 8. Mai 2025 eine Studie zu sexuellem Missbrauch im Bistum Speyer und dessen Ursachen.
Die Universität Mannheim veröffentlicht am 8. Mai 2025 eine Studie zu sexuellem Missbrauch im Bistum Speyer und dessen Ursachen. (Symbolbild/NAG)

Speyer, Deutschland - Am 8. Mai 2025 hat die Universität Mannheim die erste Teilstudie zum Thema sexueller Missbrauch im Bistum Speyer veröffentlicht. Diese Untersuchung wird von apl. Prof. Dr. Sylvia Schraut geleitet und beleuchtet die strukturellen, historischen sowie gesellschaftlichen Bedingungen, die sexuellen Missbrauch im kirchlichen Raum ermöglichten und die Aufdeckung dieser Vergehen behinderten. Der interdisziplinäre Ansatz verbindet Geschichtswissenschaft, Sozialpädagogik und Verwaltungsgeschichte, um systematische Ursachen und Gründe für die lange Unbeachtetheit von Missbrauch zu identifizieren. Die vollständige Studie umfasst rund 473 Seiten und ist online abrufbar.

Ein zentrales Ergebnis lautet, dass die erste Interpretation sexuellen Machtmissbrauchs als individuelles Fehlverhalten im kirchlichen Kontext zu einem Schutz der Beschuldigten durch die Kirche geführt hat. Zudem wurden strukturelle Probleme innerhalb der Kirche, wie fehlende Kontrolle über Ordensangehörige und unklare Zuständigkeiten, nicht ausreichend erkannt oder gar ignoriert. Diese Gegebenheiten begünstigten sexuelle Übergriffe durch Priester, Ordensleute und kirchliche Mitarbeiter über viele Jahrzehnte.

Statistische Erkenntnisse und Dunkelziffer

Die Studie untersucht insgesamt 150 mutmaßliche Täter im Bistum Speyer. Von diesen wurden 109 Priester und 41 weitere Kirchenmitarbeiter des sexuellen Missbrauchs oder sexueller Übergriffe beschuldigt. Die Forscherinnen und Forscher gehen davon aus, dass die tatsächliche Zahl deutlich höher ist, da eine erhebliche Dunkelziffer unbekannter Fälle vermutet wird. Die Hälfte der Vorfälle fand in den 1950er und 1960er Jahren statt, während die Anzahl der Fälle in den folgenden Jahrzehnten abnahm. Besonders die kirchlichen Heime für Kinder und Jugendliche wurden als „Hotspot“ für solche Übergriffe identifiziert, wie etwa in einem früheren Kinderheim in der Speyerer Engelsgasse.

Unter den beschuldigten Personen sind auch Nonnen, und es wird außerdem festgestellt, dass viele der Täter Kriegserfahrungen gesammelt hatten und autoritäre Grundhaltungen vertraten. Zwei Drittel der 109 beschuldigten Geistlichen wurden vor 1920 geboren. Es wird zudem betont, dass die rigide Sexualmoral der katholischen Kirche mitschuldig an der Verschleierung von Missbrauch ist.

Zukünftige Schritte und Reformbedarf

Generalvikar Markus Magin hat die Ergebnisse der Studie als belastend eingestuft und betont, dass die katholische Kirche Schritte zur Entwicklung unternehmen muss, um einen sicheren Ort für Menschen und ihre Kinder zu schaffen. Bernd Held, Vertreter des Betroffenenbeirats, fordert eine Reform der Strukturen, um künftig Missbrauch zu verhindern. Die Untersuchung kommt zu einem entscheidenden Zeitpunkt, da die theologischen und strukturellen Gegebenheiten innerhalb der Kirche kritisch hinterfragt werden müssen.

Die zweite Teilstudie mit detaillierten Fallanalysen ist bereits in Vorbereitung und wird für das Jahr 2027 erwartet. Das Projekt, welches im April 2023 initiiert wurde, wird durch das Bistum Speyer finanziert und soll dazu beitragen, die historische Aufarbeitung voranzutreiben und Impulse für Prävention sowie strukturelle Reformen zu geben.

Diese Entwicklungen stehen im Kontext breiterer Aufarbeitungsbewegungen innerhalb der Kirchen. Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) fokussiert sich derzeit ebenfalls auf die individuelle Aufarbeitung sexualisierter Gewalt und plant entsprechende Verfahren zur Anerkennung von Betroffenen.

Die Veröffentlichung der ersten Teilstudie markiert einen bedeutenden Schritt in Richtung Transparenz und Verantwortung innerhalb der katholischen Kirche und könnte ernsthafte Reformen auslösen, um sexuelles Fehlverhalten künftig zu verhindern.

Für weitere Informationen können Sie die vollständige Studie hier aufrufen, oder mehr über die Details der Untersuchung auf katholisch.de erfahren. Für einen breiteren Kontext zu den Aufarbeitungsinitiativen kann die entsprechende Seite der Bundesbeauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs besucht werden.

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Ort Speyer, Deutschland
Quellen