Schöninger Speere: Neue Datierung wirbelt unsere Steinzeit-Geschichte um!

Schöningen, Niedersachsen, Deutschland - Die Schöninger Speere sind als die ältesten vollständig erhaltenen Jagdwaffen der Menschheitsgeschichte bekannt. Ursprünglich wurde ihr Alter auf etwa 300.000 Jahre geschätzt, doch ein internationales Forschungsteam hat das Alter nun auf ungefähr 200.000 Jahre neu datiert. Diese Erkenntnisse, die nicht nur die Geschichte der Speere, sondern auch das Verständnis über die Jagdpraktiken der Neandertaler beeinflussen, stammen aus einer direkten Analyse der Fundschicht in Niedersachsen, wo die Speere entdeckt wurden.

Insgesamt umfasst die Fundstätte in Schöningen mindestens 20 Jagdwaffen, darunter zehn Speere mit Längen von bis zu 2,5 Metern. Die jüngsten Datierungsansätze wurden mit der Aminosäure-Racemisierungsmethode durchgeführt, bei der Proben aus Sedimentblöcken entnommen wurden, die unter anderem Süßwasserschnecken und Pferdezähne enthielten. Diese neue Analyse deutet darauf hin, dass Neandertaler-Gruppen vor 250.000 bis 200.000 Jahren gemeinschaftlich jagten.

Einreichung bei UNESCO und archäologische Bedeutung

Die Funde werden als Beweis für die aktive Jagd des Homo heidelbergensis interpretiert. Deutlich wird dies durch die Anzahl der Pferdeknochen in der Fundschicht, von denen über 90 % auf Wildpferde hinweisen. Neben Pferden lieferte die Fundstelle auch Knochen von Rindern, Hirschen, Nashörnern und Elefanten, was auf ein reichhaltiges Jagdgebiet schließen lässt. Die Fundstätte belegt nicht nur die Fortgeschrittenheit der Jagdtechniken, sondern wird auch als Wildpferde-Jagdlager angesehen und zeigt Hinweise auf rituelle Handlungen.

Die Schöninger Speere wurden zwischen 1994 und 1998 entdeckt, während archäologischer Ausgrabungen im Tagebau Schöningen. Die Bemühungen, die Fundstelle als UNESCO-Welterbe zu nominieren, wurden 2021 in Angriff genommen, und die Einreichung erfolgt im Jahr 2026. Diese Maßnahme wird von der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung sowie der Universität Tübingen unterstützt. Die Funde sind im Forschungsmuseum Schöningen ausgestellt, das 2013 eröffnet wurde.

Kontroversen um die Datierung und mögliche Schwächen

Trotz der neuen Ergebnisse gibt es Kontroversen unter Experten. Einige, wie Thomas Terberger und Jutta Winsemann, äußern Skepsis gegenüber den Methoden und weisen auf Schwächen im geologischen Ablagerungsmodell hin. Der Kollege Tobias Lauer hingegen hält das Vorgehen für sinnvoll, fordert jedoch eine Kalibrierung der Daten. Unabhängig von der genauen Datierung bleiben die Schöninger Speere die ältesten vollständig erhaltenen Jagdwaffen der Welt.

Ein weiterer bemerkenswerter archäologischer Fund ist der Hohle Fels bei Schelklingen, der ebenfalls Rückschlüsse auf die Jagdpraktiken der Neandertaler zulässt. Professor Nicholas Conard und sein Team berichteten über eine latente Hornsteinspitze, die aus der Zeit der Neandertaler stammt. Dieser Fund, der mehr als 65.000 Jahre alt geschätzt wird, zeigt das Können der Neandertaler bei der Herstellung spezialisierter Waffen für die Großwildjagd.

Die Schöninger Speere und die Funde aus dem Hohle Fels bieten einen faszinierenden Einblick in die Fähigkeiten und die Lebensweise der Neandertaler. Sie illustrieren nicht nur die technologischen Fortschritte der damaligen Menschen, sondern auch die Komplexität ihrer sozialen Strukturen und Jagdstrategien.

Für weitere Informationen zu den Schöninger Speeren können Sie die Berichte von Welt, Wikipedia und Archäologie Online konsultieren.

Details
Vorfall Sonstiges
Ort Schöningen, Niedersachsen, Deutschland
Quellen