Fluchtgeschichten in Gießen: Erinnerungen an die DDR und ihre Folgen
Erfahren Sie mehr über Gießen als Erinnerungsort für Flüchtlinge, den Gedenkstein für den Volksaufstand 1953 und bewegende Geschichten von Flucht und Ankunft.

Fluchtgeschichten in Gießen: Erinnerungen an die DDR und ihre Folgen
Im Herzen von Gießen, an einem Ort voller Geschichte, stehen Erinnerungen an die Flüchtlinge, die vor den Herausforderungen ihrer Zeit flohen. Der Gedenkstein für den Volksaufstand in der DDR, der im Juni 1953 stattfand, ist ein zentraler Bestandteil der ehemaligen Notaufnahmestätte. Er befindet sich direkt gegenüber dem Eingang zum Kantinenbau und erinnert symbolisch an die Ereignisse, die den Verlauf der DDR-Geschichte prägten. Laut Faz.net berichten Zeitzeugen von der Zeit vor der Öffnung der DDR-Grenzübergänge im November 1989 und dem Fall der Berliner Mauer.
Der Gedenkstein, der bereits 1954 eingeweiht wurde, ist Teil einer umfangreichen Ausstellung, die an die Fluchten und Fluchtimpulse der Menschen erinnert. Interessant ist, dass drei Gedenksteine auf dem Gelände des ehemaligen Notaufnahmelagers stehen. Die beiden anderen Gedenkzeichen wurden 1990 anlässlich der Feier zur Deutschen Einheit errichtet und bestehen aus einem gravierten Findling sowie einem Gedenkstein, der aus einem Mauerabschluss der Berliner Mauer gefertigt wurde. Diese Dokumente des Gedenkens wurden durch den Gesamtverband der Sowjetzonenflüchtlinge gestiftet, wie die Orte des Erinnerns berichtet.
Ein Ort der Erinnerungen und Fluchten
Die Ausstellung im Haus Hessen ist ein eindrucksvolles Zeugnis über die vielfältigen Fluchtgeschichten. So erzählt die junge Maksen von ihrer gefährlichen Flucht aus Afghanistan. Ein Pizzabäcker, der Verwandte in Düsseldorf hat, wird ihr zum entscheidenden Kontakt. Ihre Suche nach einem Kommandeur der Mudschahedin, der bereit ist, ihr zu helfen, führt sie schließlich an die afghanisch-pakistanische Grenze und weiter zur Botschaft der Bundesrepublik in Pakistan. Dort erhält sie ein Flugticket, das sie nach London und schließlich nach Frankfurt bringt, wo sie in ein Notaufnahmelager einquartiert wird. Diese bewegende Geschichte wird durch ihren Studienausweis und eine Karte mit ihrem Fluchtweg in der Ausstellung dokumentiert, wie Faz.net erläutert.
Eine weitere eindrucksvolle Fluchtgeschichte erzählt der ehemalige Fußballprofi Norbert Nachtweih, der 1976 aus der DDR floh. Auch die Erlebnisse eines Syrers, der nach 2015 in Gießen ankam, zeigen, wie positiv sich die Stadt für Flüchtlinge erwiesen hat. Die Tochter eines ehemaligen Mitarbeiters des Staatssicherheitsdienstes reflektiert über die komplexen Widersprüche ihrer Eltern, deren Abenteuer auch in einer handgeschriebenen Verpflichtungserklärung des Vaters festgehalten sind. In der Ausstellung können sich die Besucher mit diesen Fluchtimpulsen und den verschiedenen Facetten der Vergangenheit auseinandersetzen.
Bedeutende Erinnerungen für die Zukunft
Besonders hervorzuheben ist die feierliche Einweihung des Gedenksteins zum Volksaufstand, die im Jahr 2000 stattfand, und die damit verbundene Rückführung des Steins an seinen ursprünglichen Standort im Zentrum der Gedenkstätte. Dies geschah im Rahmen der Eröffnung des Lern- und Erinnerungsortes Notaufnahmelager Gießen, welches am 17. Juni 2025 festlich eingeweiht wurde. Der Text auf diesem Gedenkstein, “17. Juni 1953 / Einheit / Frieden Freiheit”, spricht für sich und steht stellvertretend für die Werte, für die viele Menschen gekämpft haben.
Gießens Oberbürgermeister Frank-Tilo Becher beschreibt das ehemalige Lager als einen Ort des Erzählens und der Ankunft. Die Stadt hat sich als ein Zufluchtsort für viele Menschen erwiesen, und die Ausstellung wird sicherlich dazu beitragen, den Dialog über Flucht und Ankunft in der Region weiter voranzutreiben. Der frühere Bundespräsident Joachim Gauck lobte zudem die Bereitschaft der Stadt, Flüchtlinge nach dem Krieg aufzunehmen und schuf damit einen deutlichen Bezug zwischen Vergangenheit und Gegenwart.