Freiheit für Schwarzfahrer: NRW-Initiative kauft Haftstrafen ab!
Nico Schween wird am 5. September 2025 in Dortmund freigekauft, während die Debatte über die Entkriminalisierung von Schwarzfahren stattfindet.

Freiheit für Schwarzfahrer: NRW-Initiative kauft Haftstrafen ab!
Ein vorzeitiger Duft von Freiheit weht durch Dortmund. Nico Schween, ein 34-Jähriger, wurde heute um kurz nach 11 Uhr aus der JVA Dortmund entlassen, nachdem er für acht Tage hinter Gittern gesessen hatte. Leo Ihßen von der Berliner Initiative Freiheitsfonds hat ihn freigekauft, um ihm zwei weitere Monate Haft zu ersparen. Ihßen brachte einen silbernen Koffer voller Geld mit, näher gesagt fast tausend Euro in Fünf- und Zehn-Euro-Scheinen. Mit diesen Mitteln soll Schween nicht nur seine Freiheit zurückgewinnen, sondern auch seinen Lebensunterhalt sichern und vielleicht sogar seine Freundin überraschen, die er mit einem Fahrschein in den öffentlichen Verkehrsmitteln überraschen möchte.
Schwarzfahren, oder wie es offiziell heißt das Fahren ohne Fahrschein, ist eine Straftat, die oft diejenigen trifft, die ohnehin bereits in prekären Verhältnissen leben. Die Initiative Freiheitsfonds setzt sich dafür ein, dass diese Form der Kriminalisierung ein Ende hat. Vor allem am kommenden Montag, dem 90. Jahrestag der Einführung der Strafbarkeit für Schwarzfahren, wird das Thema wieder stark in den Fokus rücken. Die Initiative plant, rund 100 Menschen in Deutschland rund um den 1. September, dem sogenannten Freedom Day, freizukaufen.
Das System hinter dem Schwarzfahren
Die Situation ist nicht nur in Dortmund angespannt. So hat etwa Bremen bereits 2022 entschieden, keine Strafanträge mehr wegen Fahren ohne Fahrschein zu stellen. Auch hier zahlen bedürftige Personen lediglich 10 Euro im Monat für ein Ticket, während die Kosten der Strafverfolgung mit mindestens 32.000 Euro zu Buche schlagen. In Dortmund selbst hat die DSW21 im Jahr 2023 mehr als 5.400 Strafanträge wegen Schwarzfahrens eingereicht. Dabei steht die gesamte Diskussion um das Fahren ohne Fahrschein in einem größeren Hintergrund, in dem sich immer mehr Städte gegen die Kriminalisierung solcher Vergehen aussprechen.
Ein Beispiel aus der Region Köln zeigt, dass auch hier ein Umdenken in Gang gesetzt wird. Im Dezember 2023 beschloss der Stadtrat, keine Strafanträge mehr wegen fehlender Fahrscheine zu stellen. Der Vorstoß kam von der FDP und wurde als Entlastung der Justiz fruchtbar diskutiert. In mehreren Städten wie Münster, Wiesbaden oder Leipzig sind ähnliche Entwicklungen zu beobachten. Die bundespolitische Ebene bleibt dabei nicht unberührt: Der Bundestag setzt sich mit Vorschlägen zur Entkriminalisierung des Schwarzfahrens auseinander. So ha ben die Linken beispielsweise einen Gesetzentwurf eingebracht, der die Abschaffung der Ersatzfreiheitsstrafe fordert – eine Maßnahme, die bei vielen Betroffenen zu hohen Belastungen führt.
Ein Aufruf zum Umdenken
Benjamin Limbach, der Justizminister von Nordrhein-Westfalen, hat sich ebenfalls für die Abschaffung der Strafbarkeit beim Fahren ohne Fahrschein ausgesprochen. Nicht nur der Minister, auch Sozialarbeiterinnen in der JVA teilen diese Kritik: Die Haftstrafen für Schwarzfahren würden in der Regel nur arme Menschen, Drogenabhängige oder psychisch Kranke treffen, die oft keinen Ausweg aus ihrer prekären Situation wissen.
Diese Diskussion um die Kriminalisierung des Schwarzfahrens ist mehr als nur eine politische Debatte; sie berührt das soziale Gefüge unserer Gesellschaft. Die Initiative Freiheitsfonds und zahlreiche Stadtverwaltungen setzen auf ein Umdenken, um Menschen nicht für das Fahren ohne Ticket zu bestrafen, sondern Hilfe und Unterstützung zu bieten. Es bleibt spannend zu beobachten, wie sich die politische Landschaft in den kommenden Monaten entwickelt – sowohl auf kommunaler als auch auf nationaler Ebene.