Pandemie-Push: Wie Deutschland digitale Kompetenzen revolutionierte

Duisburg, Deutschland - Im Jahr 2020 war das digitale Arbeiten in Deutschland noch weitgehend unüblich. Mit der COVID-19-Pandemie begannen jedoch viele Videokonferenzen oft mit der Frage: „Hört ihr mich?“. Diese Entwicklung verdeutlicht, wie stark die Notwendigkeit für digitale Fähigkeiten während der Pandemie gewachsen ist. Eine kürzlich durchgeführte Studie von vier Professor:innen der Universität Duisburg-Essen untersucht, ob der Lockdown dazu führte, dass die Deutschen ihre digitalen Fähigkeiten verbesserten. Die Ergebnisse wurden kürzlich auf der CHI-Konferenz für Mensch-Maschine-Interaktion in Yokohama, Japan, präsentiert. Die Studie zeigt, dass trotz der überwiegenden Verbesserung der digitalen Kompetenzen Unterschiede bei den Fortschritten zwischen verschiedenen sozialen Gruppen bestehen. Besonders junge, männliche, gut ausgebildete Personen, die in städtischen Gebieten leben, haben signifikant dazu gelernt.
Insgesamt wurden 1.143 Personen im Alter von 18 bis 87 Jahren befragt. Die Analyse der digitalen Fertigkeiten umfasste unter anderem die Teilnahme an Videokonferenzen und die gezielte Informationssuche im Internet. Ein zentrales Ergebnis der Studie ist, dass diejenigen, die ihre digitalen Fähigkeiten erweiterten, sich nicht nur verbundener, sondern auch unsicherer und vereinsamter fühlten. Medienpsychologe Neubaum, Mitautor der Studie, betont, dass digitale Kommunikation die sozialen Bedürfnisse der Menschen nicht vollständig befriedigen kann.
Die Rolle der digitalen Inklusion
Die digitale Inklusion hat nicht nur Auswirkungen auf persönliche Lebensbereichen, sondern auch auf wirtschaftliche Faktoren. Laut einer Analyse von Roland Berger wirkt digitale Inklusion als wichtiger „Enabler“ für steigende Umsätze und Produktivität. Digitale Systeme sind inzwischen entscheidend für Unternehmen, Bildungssysteme, Einzelhandel und die sozialen Kontakte der Menschen. Während der Pandemie wurde die Abhängigkeit der Gesellschaft von digitaler Technologie deutlich, und der Bedarf an einer „digital-ready“-Gesellschaft wurde allseits sichtbar. Unternehmen mit einer unzureichenden digitalen Infrastruktur litten unter Umsatzeinbußen.
Ein Digital Inclusion Index (RB DII) ermöglicht eine systematische Untersuchung der digitalen Inklusion in 82 Industrie- und Schwellenländer. Die Analyse zeigt, dass alle Länder, mit Ausnahme des Sudans, zwischen 2017 und 2020 eine Steigerung ihres Index-Wertes verzeichneten, was die wachsende Bedeutung digitaler Fähigkeiten unterstreicht. Dieser Index umfasst vier zentrale Faktoren: Zugang zu digitaler Technologie, die Kosten für den Zugang zu Technologien, die digitale Kompetenz der Bevölkerung sowie die Haltung zur Digitalisierung.
Auswirkungen auf Bildung und Gesellschaft
Die Corona-Pandemie beschleunigte nicht nur die Digitalisierung in vielen Bereichen, insbesondere im Homeoffice und Homeschooling, sondern zeigte auch gravierende Mängel in der digitalen Infrastruktur der Schulen auf. Der ehemalige Bundesjustizminister Heiko Maas forderte nicht zuletzt einen Katalog digitaler Grundrechte, um den Herausforderungen begegnen zu können. Auch Martin Schulz, ehemaliger Präsident des Europäischen Parlaments, warnte vor den Gefahren eines technologischen Totalitarismus.
Die Erkenntnis, dass die digitale Bildung nach der Pandemie als neues Normal gilt, spiegelt sich in der Diskussion um digitale Lernplattformen wider. Allerdings haben Kritiker der Digitalisierung in der politischen Diskussion zunehmend an Gewicht verloren. Die Gesellschaft steht vor der Herausforderung, sich mit den Kollateralschäden der Digitalisierung auseinanderzusetzen, insbesondere im Hinblick auf die sozialen Ungleichheiten, die durch den ungleichen Zugang zu digitalen Ressourcen verstärkt werden.
Die Entwicklungen der letzten Jahre verdeutlichen, dass digitale Kompetenzen nicht nur individuelle Fähigkeiten sind, sondern auch essenziell für die gesellschaftliche Teilhabe und wirtschaftliche Entwicklung in einer zunehmend digitalisierten Welt. Die Herausforderungen sind groß, aber die Fortschritte auch deutlich erkennbar.
Für weitere Informationen können Sie die Studienergebnisse auf der Seite der Universität Duisburg-Essen, die Analysen von Roland Berger und die Berichterstattung von Deutschlandfunk lesen.
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Ort | Duisburg, Deutschland |
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