Schädelrückgabe: Göttingen ehrt Marshallinseln nach 112 Jahren!
Am 7. Oktober 2025 gibt die Universität Göttingen vier Schädel an die Marshallinseln zurück, Teil eines Forschungsprojekts zur Provenienz kolonialer menschlicher Überreste.

Schädelrückgabe: Göttingen ehrt Marshallinseln nach 112 Jahren!
Ein historisches Ereignis steht heute am 7. Oktober 2025 in Göttingen auf der Agenda: Die Universität gibt vier Schädel an die Republik Marshallinseln zurück. Diese Rückgabe ist Teil eines umfangreichen Forschungsprojekts, das den Fokus auf menschliche Überreste aus kolonialen Kontexten legt. In der Vergangenheit begaben sich diese Schädel auf eine lange Reise, die im Jahr 1913 ihren Anfang nahm, als ein deutscher Kolonialherr sie an das ehemalige Museum für Völkerkunde in Hamburg verkaufte. NDR berichtet.
Die Rückgabe ist nicht nur eine Geste der Wiedergutmachung, sondern auch Teil der anhaltenden Bemühungen um Provenienzforschung. Historiker Holger Stoecker und sein Team haben sich seit mehreren Jahren mit der Untersuchung von Schädeln und Skeletten beschäftigt, um den Ursprung und die Geschichte dieser menschlichen Überreste zu klären. Ihr Projekt „Menschliche Überreste aus kolonialen Kontexten“ hat bereits weitere Rückgaben an die Republiken Palau und Marshallinseln in die Wege geleitet. Was Stoecker und sein Team jedoch vor Augen haben, ist mehr als nur der Rücktransport von Gebeinen, denn die Universität Göttingen hat über 1.000 menschliche Überreste aus ehemaligen Kolonien in ihren Sammlungen, was die Notwendigkeit der Aufarbeitung und Rückgabe eindringlich unterstreicht.
Ein Komplexes Erbe
Das Forschungsprojekt erstreckt sich nicht nur auf Göttingen, sondern beinhaltet auch das Museum am Rothenbaum in Hamburg, wo ein ähnliches Augenmerk auf die Provenienz von menschlichen Überresten gerichtet wird. Die anthropologischen Sammlungen der Göttinger Universität, welche aus der Zeit zwischen den 1880er und 1930er Jahren stammen, umfassen nicht nur die jetzt zurückgegebenen Schädel, sondern auch viele andere Überreste, deren Herkunft und Geschichte es aufzuklären gilt, so Kulturgutverluste.de.
Der Rückfluss der Gebeine ist ein bedeutender Schritt im Rahmen der Provenienzforschung in Deutschland. Initiativen und Forschungsprojekte zielen darauf ab, die Verbindungen zwischen Sammlungsbeständen und dem europäischen Kolonialismus zu untersuchen. Dabei wird auch das lokale Wissen der Herkunftsgesellschaften einbezogen, um transparentere und respektvollere Beziehungen zwischen Museen und den Nachfahren der betroffenen Kulturen zu schaffen, berichtet der Arbeitskreis Provenienzforschung.
Mehr Rückgaben in Aussicht
Stoecker und sein Team haben ambitionierte Pläne: Sie wollen mehr als 30 Gebeine und Schädel aus Australien, sowie neun Schädel und Skelette aus Nauru und fünf Schädel und Gebeine aus Namibia zurückgeben. Die Rückgabe dieser Überreste ist Teil eines übergeordneten Bestrebens, das im Rahmen des Projekts „Sensible Provenienzen“ und auch in den Berichten und Ausstellungen zu den Ergebnissen der Provenienzforschung festgehalten werden soll. Ende 2025 wird das Forschungsprojekt auslaufen, und derzeit gibt es keine finanziellen Mittel für ein Nachfolgeprojekt in Sicht.
Diese Rückgaben sind nicht nur ein Akt der Versöhnung, sondern auch ein Aufruf zur Erinnerung an die dunkle Geschichte des Kolonialismus und die Verantwortung, die die heutigen Generationen dafür tragen.