Bad Segeberg gedenkt mit Stolpersteinen: Ein Zeichen der Erinnerung
Bad Segeberg erinnert an seine NS-Vergangenheit: Lesung von Axel Winkler, Stolpersteine und neue Aufarbeitung der Geschichte.

Bad Segeberg gedenkt mit Stolpersteinen: Ein Zeichen der Erinnerung
In Bad Segeberg gibt es viel zu begegnen, wenn es um die Aufarbeitung der dunklen Kapitel der Nationalsozialismus-Vergangenheit geht. Ein Blick in die Geschichtsbücher zeigt: lange Zeit wurde hier mehr geschwiegen als aufgeklärt. Buchautor Axel Winkler hat in den 1980er und 90er Jahren beobachtet, wie verdruckt über die Verfolgung jüdischer Mitbürger gesprochen wurde. In der Zeit von 1933 bis 1945 gesellten sich hier die Verbrechen des Dritten Reiches zu den Schicksalen vieler Menschen, die gewaltsam aus ihrem Leben gerissen wurden.
Besonders hervorzuheben ist das Engagement von Winkler und Hans-Werner Baurycza, die zwischen 2021 und 2025 eine umfangreiche 16-bändige Heftreihe zum Thema Nationalsozialismus veröffentlichten. Dies ist ein zentraler Punkt in der aktuellen Aufarbeitung, die im Moment sprunghaft angestoßen wurde. Der Umgang mit der NS-Zeit hat sich in den vergangenen fünf Jahren spürbar gewandelt. So wurden bereits 55 Stolpersteine verlegt, wobei Schüler von bis zu acht Schulen tatkräftig mitgewirkt haben.
Stolpersteine als Zeichen der Erinnerung
Diese Stolpersteine, die an Menschen erinnern, deren Leben seit 1933 durch Gewalt verändert wurde, stehen als Mahnmal für Schicksale, die oft in Flucht, Untertauchen, Freitod oder gar Ermordung endeten. Die Initiative geht auf den Künstler Gunter Demnig zurück, der mit diesen 10 cm großen Betonwürfeln mit Messingplatten, auf denen die Namen und Lebensdaten der Opfer eingraviert sind, ein weltweites Projekt ins Leben rief. Seit der ersten Verlegung in Köln im Jahr 1992 sind bis Juni 2023 stolze 100.000 Stolpersteine entstanden und sie haben sich als das größte dezentrale Denkmal der Welt etabliert. Wikipedia berichtet, dass diese kleinen Steine den Nachbarn in Erinnerung rufen sollen, dass dort einst Menschen lebten, die an den Nationalsozialismus verloren gingen.
Die Liste der Stolpersteine in Bad Segeberg steht als Dokument für die geschehenen Verlegungen und das Ziel, den Opfern des Nationalsozialismus ein Gesicht zu geben. Hier stehen Verlegedaten und die Standorte, die die Schüler an die Stellen führten, wo diese Menschen einst lebten. Am 29. Juli 2009 zum Beispiel wurden mehrere Steine an der Bismarckallee und Lübecker Straße verlegt, um nur einige zu nennen. Und es könnten sogar 10 bis 15 weitere Stolpersteine hinzukommen, was zeigt, dass die Erinnerungskultur weiterlebt.
Ein kollektives Verschweigen?
Trotz der Fortschritte bleibt die Frage nach der Auseinandersetzung mit der Vergangenheit bestehen. Die Synagoge, die 1842 erbaut und 1962 abgerissen wurde, steht symbolisch für das kollektive Verschweigen der Nazizeit in Bad Segeberg. Auch damals wurden Texte für Gedenktafeln auf dem Synagogengrundstück gefertigt, in denen die Verfolgung und Ermordung jüdischer Familien nicht in Erwähnung kamen. Dies führte dazu, dass sogar jüdische Gäste aus den USA und Israel in den 1980er Jahren entsetzt auf den Zustand des ehemaligen Synagogengrundstücks reagierten. So distanzierte sich die Jüdische Gemeinde in Hamburg von der Stadt, was den tiefen Riss in der Erinnerungskultur verdeutlicht.
Der Autor Winkler erhielt erst kürzlich alte Familienfotos von der jüdischen Familie Steinhof für sein neues Buch „Bad Segeberg – Stadt der Erinnerungskultur“, aus dem er am 17. September in der Buchhandlung am Markt lesen wird. Der Eintritt kostet 7 Euro und stellt eine wunderbare Gelegenheit dar, sich mit der Thematik auseinanderzusetzen. Zudem plant Winkler auch die Geschichte des Kalkbergstadions aufzuarbeiten, das während des Nationalsozialismus erbaut wurde. Schön, dass die Karl-May-Spiele, die 1952 ihren Anfang nahmen, das Stadion vor dem Verfall retteten, doch viele Besucher wissen oft nicht, dass sie in einem Bau, eines totalitären Regimes stehen, was Winkler zum Schaudern bringt.
Die Lehren aus der Vergangenheit sind von entscheidender Bedeutung. Bad Segeberg zeigt uns, dass die Aufarbeitung solcher Ereignisse nicht nur die Vergangenheit betrifft, sondern auch eine Verantwortung der Gegenwart ist. So gilt die Stadt mittlerweile als Vorreiter in der Vergangenheitsbewältigung, was den Ruf bis nach Israel trägt. Hier sollte die Stadtverwaltung künftig noch aktiver ein Augenmerk darauf richten, die Schüler in die Dokumentation der Geschichte zu involvieren, denn wie sagte einst ein weiser Kopf: „Erinnerung ist der Schlüssel zur Zukunft“.