Digitale Nomaden: Wie eine Familie Europa mit zwei Koffern erkundet

Preston, England - Steph (26) und Josh (27) leben mit ihren Kindern Isaac (5) und Amaia (1) als digitale Nomaden in Europa. Unter dem Projektnamen „The Northern Four on Tour“ reisen sie seit 2023, nachdem sie ihr Reihenhaus in Preston, England, verkauft haben. Der finanzielle Druck und die emotionale Erschöpfung, die sie vorher erfuhren, führten sie zu dieser Entscheidung. In Großbritannien ist etwa 30% der arbeitenden Bevölkerung von finanzieller Unsicherheit betroffen, was durch steigende Lebenshaltungskosten und psychische Probleme verschärft wird. Die Ankunft ihres zweiten Kindes und die Auswirkungen des Brexits trugen zur Entscheidung bei, dauerhaft auf Reisen zu gehen, anstatt in ein anderes Land auszuwandern.
Aktuell teilen sie sich eine Wohnung auf Zypern, für die sie 720 Pfund (etwa 854 Euro) bezahlen – eine Summe, die in England kaum für ihre Fixkosten gereicht hätte. Die Familie reist minimalistisch, mit nur zwei Koffern und einer Legobox für Isaac. Während Josh ortsunabhängig in der Webverwaltung arbeitet, plant Steph, ebenfalls einen digitalen Job zu suchen, sobald sie aus der Elternzeit zurückkehrt.
Reisen und Bildung im digitalen Zeitalter
Ein bedeutender Aspekt ihrer Lebensweise ist das sogenannte Worldschooling: Isaac wird unterwegs unterrichtet, ohne an einen festen Wohnsitz gebunden zu sein. In Großbritannien besteht keine Schulpflicht, was es ihnen ermöglicht, ihre Reisen mit der Bildung ihres Sohnes zu verbinden. Sie nutzen Plattformen wie Airbnb und lokale Facebook-Gruppen, um günstige Unterkünfte zu finden und buchen oft nur kurzfristig, um die Qualität der Unterkunft zu überprüfen.
Die Entscheidung, als digitale Nomaden zu leben, hat gemischte Reaktionen im Freundeskreis hervorgerufen. Einige sind stolz auf ihre Wahl, während andere nachdenklich zurückbleiben. Dennoch betont Josh, dass die verbrachte Zeit mit der Familie das wertvollste Gut ist, das sie besitzen. Ihre geplante Reiseroute führt sie in den Sommer nach Albanien und auf den Westbalkan, gefolgt von weiteren Reisen nach Südostasien und Lateinamerika.
Digitale Nomaden und lokale Gemeinschaften
Das Phänomen der digitalen Nomaden bleibt umstritten. Kritiker führen an, dass die Ankunft von digitalen Nomaden in bestimmten Regionen zur Gentrifizierung führen und Einheimische verdrängen könnte. Soziale, wirtschaftliche und kulturelle Segregation zwischen Nomaden und lokalen Gemeinschaften ist ein zentrales Diskussionsthema. Dennoch wird auch argumentiert, dass digitale Nomaden die lokale Wirtschaft durch Ausgaben ankurbeln können, was zu positiven Effekten führen würde. Programme wie das Digital Nomad Visa könnten helfen, eine Balance zwischen den Interessen der Einheimischen und Nomaden zu finden. Diese Visa ermöglichen es ortsunabhängigen Fachkräften, legal im Ausland zu leben und zu arbeiten, was die Attraktivität für Länder erhöht, die junge, mobile Mitarbeiter anziehen möchten, wie Freaking Nomads berichtet.
Aktuell bieten über 50 Länder spezielle Visa für digitale Nomaden an, darunter Griechenland und Zypern. Diese Programme sind darauf ausgelegt, sicherzustellen, dass die Zuwanderung positiv für die lokale Wirtschaft ist. Erfolgreiche Modelle erfordern gutes Marketing, einen einfachen Antragsprozess und Vorteile für die lokale Bevölkerung, wie auch The Conversation schildert.
Insgesamt zeigen die Erfahrungen von Steph und Josh, dass das Leben als digitale Nomaden sowohl Herausforderungen als auch Chancen bietet. Ihre Geschichte ist nicht nur ein Beispiel für die Möglichkeiten, die diese Lebensweise mit sich bringt, sondern auch ein Spiegel der sich verändernden Arbeitswelt und deren Auswirkungen auf die Gesellschaft.
Details | |
---|---|
Ort | Preston, England |
Quellen |