Stadtallendorf: Erinnern und Lernen an der ehemaligen Bombenfüllstelle
Erfahren Sie mehr über die Geschichte der Bombenfüllstelle in Stadtallendorf, Erinnerungen an Zwangsarbeit und digitale Rekonstruktionen.

Stadtallendorf: Erinnern und Lernen an der ehemaligen Bombenfüllstelle
Zukunft und Vergangenheit vereinen sich an einem besonderen Ort in Stadtallendorf, dem ehemaligen Bombenfüllstellen-Areal der D.A.G. Hier, wo einst Zwangsarbeiter aus 29 Nationen unter extremen Bedingungen tätig waren, werden Erinnerungen wach, die generationenübergreifend weitergegeben werden sollen. Wie die op-marburg berichtet, litten während des Zweiten Weltkriegs tausende Menschen unter dem System des nationalsozialistischen Regimes in diesem Sprengstoffwerk, das als das größte seiner Art galt. Die Bedingungen waren unmenschlich – Eva Pusztai-Fahidi, eine Ehrenbürgerin, berichtete von zwölfstündigen Schichten, in denen sie Sprengstoff in Hülsen füllte.
Die ursprüngliche Anlage umfasste zehn Gebäude, von denen heute nur zwei vollständig und drei teilweise erhalten sind, da die Mehrheit am Kriegsende gesprengt wurde. Jörg Probst, Leiter des Dokumentations- und Informationszentrums (DIZ), plant gemeinsam mit dem DIZ-Förderverein, die Geschichtserhaltung aktiv zu gestalten. „Wir möchten einen Geschichtsparcours einrichten, der die Bombenfüllstelle einbezieht“, so Probst. Der neue Eigentümer hat zudem den Zugang zu einem der verbleibenden Gebäude für Schulklassen geöffnet, damit das Leid und die Geschichte dieser Zeit nicht in Vergessenheit geraten.
Ein digitaler Rundgang ins Vergangene
Eine besondere Initiative geht vom DIZ aus: Ein digitaler Rundgang wurde ins Leben gerufen, der eine detaillierte Rekonstruktion der Bombenfüllstelle bietet. Dank modernster 3D-Scantechnologie können Interessierte die Anlage online erkunden und erhalten Zugriff auf historische Dokumente, wie das Baustellentagebuch des Aufsehers Josef Helfenritter aus den Jahren 1942 bis 1944. Dies ermöglicht nicht nur einen Blick in die Vergangenheit, sondern schafft auch einen Raum für politische Bildung. Unterstützt wird dieses wertvolle Projekt von der Hessischen Landeszentrale für Politische Bildung und FrozenDiceMedia, wie die diz-stadtallendorf hervorhebt.
Das Bombenfüllwerk wurde 1944 fertiggestellt und nur für sechs Monate betrieben, jedoch mutierte es zum symbolischen Ort der Zwangsarbeit. In diesen Werkstätten arbeiteten unter anderem tausende ungarische Jüdinnen, die im August 1944 aus Auschwitz deportiert wurden. Die zurückgelassenen Lebewesen und ihre Geschichten zeugen von einer düsteren Vergangenheit, die in den kommenden Wochen intensiver thematisiert wird.
Politische Bildung und Erinnerungskultur
Stadtverordnetenvorsteherin Ilona Schaub sieht es als zwingend notwendig, dass die Geschichte dieser Bombenfüllstelle nicht in Vergessenheit gerät. In einer Sitzung des Fachausschusses für Stadtentwicklung, Bau, Umwelt und Landwirtschaft am 4. Dezember werden die Geschichtswege, maßgeblich konzipiert von der Universität Kassel, besprochen. Die Bedeutung dieser Arbeit findet sich auch in der Reflexion über die Zwangsarbeit im nationalsozialistischen Deutschland. Wie die bpb berichtete, waren ausländische Arbeitskräfte ein wesentlicher Bestandteil der Kriegswirtschaft. Die erbärmlichen Lebensbedingungen der Zwangsarbeiter, die oft in überfüllten Unterkünften leben mussten und unzureichend verpflegt wurden, dürfen nie vergessen werden.
Stadtallendorf hat sich zur Aufgabe gemacht, diesen Teil der Geschichte nicht nur zu bewahren, sondern auch aktiv zu vermitteln. Es ist eine wichtige Reise, die sowohl die gesamtdeutsche Geschichte als auch das individuelle Leid der Betroffenen sichtbar werden lässt. Ein Gedenkort voller Erinnerungen, der nicht nur vor den Verlust, sondern auch vor dem Vergessen warnt.